Michael Haydn
Endimione
cpo 555 288-2
2 CD • 1h 53min • 2018
28.06.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In Gustav Schwabs „Sagen des klassischen Altertums“ kommt die Geschichte der keuschen Göttin Selene (aka Diana) und dem ebenso keuschen Jäger Endimion nur als Fußnote vor, doch in der Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts nimmt sie dank Pietro Metastasio einen stattlichen Nischenplatz ein. Das bereits 1721 entstandene Libretto Endimione des späteren Wiener Hofdichters wurde über 20 Mal vertont, u. a. von Johann Adolph Hasse, Niccolò Jommelli und Johann Christian Bach. Michael Haydn kann da als ein Nachzügler gelten, als er den Text 1776 für die Weihe des kunstsinnigen Fürstbischofs Ignaz von Spaur ein weiteres Mal in Musik setzte. Die Gattung der „Serenata“, einer Neben- und Zwergform der Oper, die zu festlichen höfischen Anlässen mit geringem Aufwand an Personal und Ausstattung realisiert werden konnte, war zu diesem Zeitpunkt schon etwas aus der Mode gekommen.
Eine Göttin wird schwach
Heftige Leidenschaften, gar tragische Konflikte waren in diesem Genre, das in erster Linie der gefälligen Unterhaltung diente, nicht angesagt. Im vorliegenden Fall haben wir es eher mit einer bukolischen Idylle zu tun. Endimion, der ganz seiner Liebe zur Jagd lebt und mit Frauen nichts anfangen kann, stößt die ihn vergötternde Nice von sich und verfällt dann durch die List Amors (der hier als Jäger Alkestis verkleidet auftritt) den Reizen der Göttin Diana, die ihrerseits schwach wird und die von ihr selbst aufgestellten Gesetze über Bord wirft. Das knapp zweistündige szenische Divertimento endet mit einem Huldigungschor an den Gott der Liebe. Das Werk wurde nur ein einziges Mal am Salzburger Hoftheater aufgeführt, Autograph und Notenmaterial sind verschollen. Es existiert nur eine Abschrift der Partitur, die als Grundlage für heutige Aufführungen dienen kann.
Pastoraler Zauber
Die Musik Michael Haydns steht auf der Höhe seiner Zeit, ohne einen ausgeprägt persönlichen Stil erkennen zu lassen. Aber er geht mit den überlieferten musikalischen Topoi geschickt und phantasievoll um und entfacht in stimmungsvollen Orchestereinleitungen einigen pastoralen Zauber. In den Arien findet er einen goldenen Mittelweg aus Einfachheit und Virtuosität. In dieser Hinsicht ist die für einen Kastraten geschriebene Titelrolle mit ihren Koloraturen und großen Intervallsprüngen (vor allem in der 11minütigen Arie „Vado per un momento“) am anspruchsvollsten. Der Countertenor Nicholas Spanos meistert die Schwierigkeiten mehr als befriedigend. Drei vokal gleichermaßen anmutige Sopranistinnen, die sich in der Stimmfarbe genügend unterscheiden, stehen ihm gegenüber: Aleksandra Zamojska als hoheitsvolle Diana, Ulrike Hofbauer als zärtliche Nice und Lydia Teuscher als kecker Amor. Eine besondere Qualität der Aufnahme ist die farbige Gestaltung der sehr ausführlichen Rezitative, die dem Stück dramatische Lebendigkeit vermittelt und nie Langeweile aufkommen lässt. Die 20köpfige Salzburger Hofmusik unter Wolfgang Brunner, der auch den Cembalopart übernimmt, tut das Ihre, um die Pretiosen der bis dato vergessenen Partitur ins rechte Licht zu rücken.
Ekkehard Pluta [28.06.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Michael Haydn | ||
1 | Endimione (Serenata in zwei Akten) | 01:53:29 |
Interpreten der Einspielung
- Aleksandra Zamojska (Diana - Sopran)
- Ulrike Hofbauer (Nice - Sopran)
- Lydia Teuscher (Amor - Sopran)
- Nicholas Spanos (Endimione - Countertenor)
- Salzburger Hofmusik (Ensemble)
- Wolfgang Brunner (Dirigent)