Ein Liebeserklärung an die Egedacher Orgel des Stiftes Zwettl
un italiano a zwettl, Ein Liebeserklärung an die Egedacher Orgel des Stiftes Zwettl
Ambiente-Audio ACD-1093
1 CD • 62min • 2021
02.07.2022 • 9 9 9
Die Egedacher-Orgel im österreichischen Stift Zwettl gehört zu den herausragendsten historischen Instrumenten Europas. Und keiner kennt sie wohl so gut wie Marco Paolacci, der dort schon seit vielen Jahren als Organist amtiert. Die innige Verbindung mit „seinem“ Instrument spricht auch aus dem Begleittext der CD, der sonst zwar etwas spartanisch gehalten ist, aber doch die nötigsten Informationen bietet. Passend zur Entstehungszeit des 1731 vollendeten Instrumentes und zu seinen Qualitäten hat Paolacci Musik von Komponisten jener Zeit aus Italien, Österreich und Deutschland ausgesucht, die sich hier gut darstellen lässt.
Ein süßes Deingedenken – A Tender Memory of Thee, Lieder by Fanny and Felix Mendelssohn
TYXart TXA19127
2 CD • 1h 29min • 2018
01.07.2022 • 9 10 9
Immer mehr gerät Fanny Hensel, die Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, in den Focus der interpretatorischen Aufmerksamkeit – und das mit Fug und Recht! Ist sie ihrem Bruder doch an Zahl der Kompositionen ebenbürtig, vor allem aber an der Qualität ihrer Kompositionen. Das möchten die Sopranistin Kateryna Kasper und ihr Klavierpartner Dmitry Ablogin mit ihrer Doppel-CD nachdrücklich betonen, indem sie liebevoll und kundig eine Abfolge von Liedern beider Geschwister konzipiert haben, die eine Art musikalisches Gespräch der beiden Geschwister imaginiert
Mit diesem achten Teil geht eine besonders verdienstvolle Edition barocker Kirchenmusik zuende: die des geistlichen Gesamtwerks von Johann Kuhnau (1660–1722), des Vorgängers von Johann Sebastian Bach als Leipziger Thomaskantor. Was für ein prestigeträchtiger Posten das war, zeigt sich allein schon an der Liste der berühmten Bewerber; Telemann und Graupner wären als Beispiele zu nennen, denn der Leipziger Rat hätte 1723 lieber einen dieser beiden in Kuhnaus Nachfolge berufen: „Da man nun die besten nicht bekommen könne, müsse man den mittleren nehmen...“ kommentierte Ratsherr Platz die Wahl Bachs im Protokollbuch. Telemann hatte in Leipzig studiert und dort mit der Gründung des Collegium Musicum ein Orchester ins Leben gerufen, dessen sich noch Bach bedienen sollte.
Spätestens seit dem zweiten Platz beim letztjährigen 18. Chopin-Wettbewerb darf der junge Pianist Alexander Gadjiev, Schüler von Pavel Gililov und Eldar Nebolsin, als eine international bekannte Größe bezeichnet werden. Auf seinem neuen Album, seinem mittlerweile vierten (und ersten beim Label CAvi), widmet er sich ganz russischer Musik, und zwar durchgängig im Miniaturformat. In nicht weniger als 39 Tracks präsentiert er neben Prokofjew auch deutlich weniger Bekanntes aus der Musikerfamilie Tscherepnin (seit 1920 im französischen bzw. später auch amerikanischen Exil ansässig).
Emile Jaques-Dalcroze, Works for Violoncello & Piano
TYXart TXA22167
1 CD • 42min • 2021
28.06.2022 • 9 9 9
Der Westschweizer Komponist Emile Jaques-Dalcroze war eine prominente und innovative Figur im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Vor allem als Musikpädagoge und Entwickler einer neuen Rhythmus-Lehre beeinflusste der Zeitgenosse und Freund von Arthur Honnegger führende Persönlichkeiten, etwa den Choreorgraphen Sergei Diaghilew. Er und viele andere Musiker und Literaten pilgerten in die von ihm begründete Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus in der Nähe von Dresden, von dem bis zum Kriegsausbruch 1914 Musikleben viel Ausstrahlung ausging.
Es ist vermutlich der am leidvollsten vermisste Schatz der deutschen Barockmusik: Die Musik zur ersten Oper in deutscher Sprache – Dafne, geschrieben von Heinrich Schütz auf ein Libretto von Martin Opitz, einem der bedeutendsten Dichter der deutschen Barockliteratur. Opitz und Schütz waren fürwahr ein Künstlerpaar, das dieser neuen Königsgattung der szenischen Musik, geboren in Italien und von Claudio Monteverdi auf erste olympische Höhen geführt, auch nördlich der Alpen eine bedeutende Stellung hätte verschaffen können.
Latin American Dances, Works for Saxophone and Piano
Naxos 8.579078
1 CD • 63min • 2020
26.06.2022 • 9 9 9
Das Saxofon hat als Jazzinstrument sehr rasch seinen Siegeszug in der Musikwelt angetreten, und auch die Komponisten des 20. Jahrhunderts fühlten sich vom Klang des Instruments magisch angezogen. Die Werke, die dabei entstanden, sind meist mehr oder weniger nahe am Grenzbereich zum Jazz. Der Saxofonist Sándor Rigó und seine Klavierpartnerin Christina Leeb-Grill vereinen auf ihrer aktuellen CD Kostbarkeiten und kleine Meisterwerke vor allem aus dem lateinamerikanischen Spektrum.
Bach & Ponce, Suite No. 2 for Lute BWV 779 • 24 Preludes
Genuin GEN 22777
1 CD • 50min • 2021
25.06.2022 • 9 9 9
Luftig, leicht, elegant. So lässt sich das Spiel von Anne Haasch charakterisieren, die auf ihrer CD die zweite Lautensuite von Johann Sebastian Bach mit 24 Préludes von Manuel María Ponce kombiniert hat. Bach gelingt ihr sehr strukturiert, aber immer sanglich und artikulatorische Details wie übergeordnete Bögen respektierend.
Neben Schubert, Schumann, Brahms und Wolf hat Franz Liszt als Liedkomponist in den Konzert-Programmen und entsprechend auch in der Diskographie eine Außenseiter-Position inne. Es ist deshalb auffallend, dass – ohne den Anlaß eines Gedenktages – innerhalb weniger Monate gleich mehrere Aufnahmen mit seinen Liedern auf den Markt gekommen sind. Über Jonas Kaufmanns Album „Freudvoll und leidvoll“ (Sony, mit Helmut Deutsch) habe ich hier schon berichtet. Der glühende Liszt-Bewunderer Deutsch hat kurz darauf in das Recital „In meinem Lied“ der fleißigen und ehrgeizigen Sopranistin Sarah Traubel (Aparté) auch einige Liszt-Titel aufgenommen.
Liebeslieder, Jubel- und Psalmgesang im 17. Jahrhundert
Das ist meine Freude, Liebeslieder, Jubel- und Psalmgesang im 17. Jahrhundert
cpo 555 362-2
1 CD • 69min • 2020
23.06.2022 • 9 10 9
An mehr als 90 CDs hat der in der Barockmusik so erfahrene Tenor Georg Poplutz schon mitgewirkt. Dass er diese CD mit Liebesliedern, Jubel- und Psalmgesängen mit Freude eingesungen hat, wie er selber im Booklet schreibt, hört man. Es ist eine prallgefüllte Pralinenschachtel aus barocken Kostbarkeiten für eine hohe Stimme plus Begleitinstrumente geworden. Zwei von den insgesamt dreizehn Gesangsstücken sind länger, die Hälfte sind Ersteinspielungen – was den Repertoire-Wert dieser Aufnahme erhöht.
Wenn man dem Namen Igor Loboda schon einmal begegnet ist, dann vermutlich am ehesten in Zusammenhang mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt, dem vormaligen Staatlichen Georgischen Kammerorchester, das 1990 in toto aus der damals noch bestehenden Sowjetunion emigrierte und seitdem in Ingolstadt ansässig ist. Loboda, Jahrgang 1956, spielt dort in den zweiten Violinen, ist aber auch ein ausgesprochen produktiver Komponist und bereits zweimal auf CD-Produktionen des Kammerorchesters mit eigenen Werken vertreten.
Clara & Robert Schumann, Sophie Wang, Florian Glemser
CAvi-music 8553483
1 CD • 61min • 2019
21.06.2022 • 10 10 10
So ein intelligentes Programm hat wohl noch keine Zwanzigjährige für ihre Debüt-CD gewagt! Sophie Wang und Florian Glemser hätten ihr Duo-Album mit Werken des Ehepaars Schumann und dessen Freundeskreises auch „Joachimiana“ nennen können, stehen doch alle Werke in einem speziellen Zusammenhang mit deren Freundschaft zum ungarischen Geiger Joseph Joachim. 6 Romanzen und 2 Sonaten verlangen Gestaltungskraft, Farben, Kraft und Zartheit. Damit die Bravour nicht zu kurz komme, beschließt die variierte Romanze Letzte Rose des von Joachim bewunderten Heinrich Wilhelm Ernst die CD.
Michael Praetorius • Heinrich Schütz Sacred Works in Parallel Settings
Musik aus Schloss Wolfenbüttel VI, Michael Praetorius • Heinrich Schütz
cpo 555 503-2
1 CD • 68min • 2021
20.06.2022 • 9 9 9
Heinrich Schütz kennt jeder Musikinteressierte, Michael Praetorius kennen die meisten nur von seinem Weihnachtslied-Satz „Es ist ein‘ Ros‘ entsprungen“, sonst vor allem die Kirchenmusiker. Deshalb ist es nicht nur eine hübsche, sondern auch äußerst reizvolle Idee, die beiden Großmeister der evangelischen Kirchenmusik im 17. Jahrhundert auf einer CD gegenüberzustellen, ja hier sogar in edlem Komponier-Wettstreit gegeneinander antreten zu lassen: Fünf Psalmvertonungen bzw. Geistliche Lieder erklingen wechselweise von Schütz und von Praetorius. Dabei kann Praetorius durchaus bestehen.
Dass Flöte und Gitarre eine gute Kombination ergeben, wusste man bereits im Biedermeier, mit Theorbe bereits wesentlich früher. Marisa Minder (Gitarre) und Evgenya Spalinger (Flöte) beweisen dies erneut mit einem Programm, das bis auf das Capriccio für Flöte und Gitarre von Hans Haug aus mehr oder weniger bearbeiteten Stücken besteht. Dies gelingt mal, mehr mal weniger gut. Anfang und Schluss der CD sind durchaus hörenswert. In der Mitte finden sich ein paar Ausreißer. [...]
Summary Vol. II Bartók, Debussy, Kodály, Martinů, Mendelssohn, Schumann
Miklós Perényi, Summary Vol. II
Tacet S 268
1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2020, 2021
18.06.2022 • 10 10 10
Der große ungarische Cellist Miklós Perényi zählt mit seinen 74 Jahren mittlerweile sicherlich zu den Altmeistern seiner Zunft, und so hat ihn das Label Tacet für die zweite Folge des neuen Projekts „Summary“ ausgewählt, die das Alterswerk herausragender Musiker und Ensembles präsentiert. Das Resultat ist ein Programm, das ganz von Perényis persönlichen Vorlieben geprägt ist, eine bunte Palette, die von deutscher Romantik bis hin zu Perényis Landsmännern Bartók und Kodály reicht.
Robert Schumanns vielgeliebter Zyklus Frauenliebe und –leben stellt die aufgeklärten und emanzipierten Sängerinnen von heute wegen des rückständigen Frauenbildes in der zugrunde liegenden Dichtung Adelbert von Chamissos vor ein grundlegendes Problem: Wie bringt man das in unserer Zeit rüber? Ein sachlicher, distanzierter Vortrag wird Schumanns Musik nicht gerecht, ein Übermaß an Sentiment aber macht sie kaputt. Entweder man lässt sich auf die Gefühlswelt dieser Lieder ein und findet eine Haltung dazu oder man macht besser einen großen Bogen um sie.
Es ist eine absolute Gute-Laune-Sommer-CD, die das Duo GIOVIVO mit seinem Album „Serendipity“, das bei Genuin erschienen ist, herausgebracht hat. Hier ist der Name des ungewöhnlichen Duos tatsächlich Programm, denn aus jedem Stück lässt sich die pure Lebens- und Musizierfreude heraushören. Ob dies vielleicht auch ein wenig damit zu tun hat, dass es sich bei dem Duo bestehend aus Fabian Bloch und Muriel Zeiter um Multiinstrumentalisten handelt? Zumindest liegt bei diesen eine große Bandbreite an musikalischen Facetten durchaus auf der Hand – frei nach dem Motto „wir spielen, worauf wir Lust haben“.
Er war ein Monolith innerhalb der Musik des 20. Jahrhunderts, ein Eigenbrötler, der in keine „Schublade“ passte. Der Schwede Allan Petterson (1911-1980), der sich aus ärmlichsten Verhältnissen – zunächst autodidaktisch – zu einem führenden Komponisten seines Landes hocharbeitete, zählte später Größen der Moderne wie Arthur Honegger, Darius Milhaud, Olivier Messiaen und vor allem Karl Birger Blomdahl und René Leibowitz zu seinen Lehrern, doch ungeachtet dieser Ausbildung blieb sein eigener Stil von der musikalischen Avantgarde seiner Zeit völlig unberührt.
In jüngster Zeit sind eine Reihe von exzellenten Alben junger Fagottisten erschienen, die ein eindrucksvolles Bild vom Facettenreichtum des Instruments und von der außerordentlich hohen Spielkultur der Musiker liefern. Widmeten sich letztes Jahr Theo Plath und Sophie Dervaux französischer Musik des späten 19. und (frühen) 20. Jahrhunderts in Original und (angesichts des schmalen Repertoires mehr oder minder notwendigerweise) Bearbeitung, so stellt nun Lola Descours, Solofagottistin der Frankfurter Oper und Preisträgerin des Tschaikowski-Wettbewerbs 2019, unter dem Titel „Bassoon Steppes“ ein Programm mit russischer Musik vor, abgesehen von einer speziell für Descours geschriebenen Originalkomposition von Lera Auerbach allesamt Bearbeitungen.
Antonio Vivaldi, Le Quattro Stagioni per flauto di pan
cpo 555 461-2
1 CD • 52min • 2020
13.06.2022 • 9 9 9
Heute ist es kaum vorstellbar, dass Antonio Vivaldis Konzertzyklus von den Vier Jahreszeiten lange Zeit in der Versenkung verschwunden war. Was muss also heute getan werden, um diese inzwischen überaus populäre Musik in einer weiteren Einspielung in neuem Licht erstrahlen zu lassen? Andreea Chira nimmt sich des gleichermaßen eingängigen wie auch komplexen Zyklus aus barocken Solokonzerten an – und nutzt dafür eines der ältesten Instrumente der Menschheit, die Panflöte, deren Name auf die griechische Sage zurückgehrt und in vielen Kulturen der Welt verbreitet ist.
Dass Fanny Hensel (1805-1847), die Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, auch komponiert hat, weiß man mittlerweile. Aber was heiß da „auch“! Schließlich hat sie mit über 460 Werken mindestens soviel komponiert wie Felix. Erst seit ca. 1980 wird ihr Werk systematisch erforscht. Den Zyklus Das Jahr – zwölf Charakterstücke für Klavier hat Fanny Hensel 1841 geschrieben, zum ersten Mal öffentlich gespielt wurde er 1987 und veröffentlich wurde er erst 1989! Dieser farbige Reigen von Charakterstücken mit einer Dauer meist zwischen drei und vier Minuten ist nicht nur klangschön, sondern auch klug, kontrast- und kenntnisreich komponiert.
Der Name des Quintetts „Reeds in motion“ resultiert aus dem englischen reed (Schilf); zu den reed instruments, hierzulande Rohrblattinstrumente, zählen Oboen, Fagotte, Klarinetten und Saxophone, die mittels eines einfachen (Klarinette, Saxophon) oder doppelten (Oboe, Fagott) Rohrblattes angeblasen werden. Die Idee, ein nur aus diesen Instrumenten bestehendes Ensemble zu bilden, hatten fünf Niederländer, die 1985 in Amsterdam das Calefax Reed Quintet gründeten. Die seinerzeit neue Idee inspirierte fünf Schweizer Musikerinnen und Musiker vor vier Jahren zur Gründung eines gleich besetzten Quintetts, das mit dem vorliegenden Silberling seine Tonträgerpremiere vorlegt.
Auch ich ein Davidsbündler, Werke von Schumann, Zdralek und Reubke
Dreyer Gaido 21137
1 CD • 75min • 2015, 2008
10.06.2022 • 8 9 8
Der Pianist Ernst Breidenbach, seit vielen Jahren insbesondere als Anwalt selten gespielten Repertoires (u.a. Karg-Elert, Gernsheim, Röntgen) hervorgetreten, legt auf seinem neuen Soloalbum ein Programm vor, das um Schumanns Davidsbündlertänze herum aufgebaut ist. Dabei liegt der Bezug zum titelgebenden Auch ich ein Davidsbündler von Marko Zdralek (Jg. 1973) auf der Hand, während der jung verstorbene Liszt-Schüler Julius Reubke (1834–1858) sicherlich eher mittelbar mit den Davidsbündlern in Verbindung zu bringen ist.
Sinfonia drammatica • Piano Concerto No. 1 • Rhythmophonie
Hans Winterberg, Sinfonia drammatica • Piano Concerto No. 1 • Rhythmophonie
Capriccio C5476
1 CD • 65min • 2021
09.06.2022 • 10 10 10
Der verschlungene Weg des deutschsprachigen Prager Juden Hans Winterberg (1901-1991), vor allem der zunächst fragwürdige Umgang mit seinem Nachlass, den man versuchte, bis 2030 unter Verschluss zu halten, kann hier nicht nachgezeichnet werden. Immerhin ist die Musikgemeinde seit wenigen Jahren um eine Neuentdeckung reicher, die musikhistorisch ihresgleichen sucht. Denn als einer der wenigen in Theresienstadt internierten Komponisten entging Winterberg – anders als die berühmteren Kollegen Viktor Ullmann, Hans Krása, Pavel Haas oder Gideon Klein – der Deportation nach Auschwitz vom Oktober 1944.
Mozart Concerto & Quintet • Birchall Concerto, Michael Collins clarinet
BIS 2647
1 CD/SACD stereo/surround • 82min • 2021
08.06.2022 • 8 10 7
„Wenn es doch nur mehr Literatur für dieses faszinierende Instrument gäbe! Vielleicht werden eines Tages neue Stücke geschrieben, um ihm endlich die Renaissance zu ermöglichen, die ihm gebührt“. Mit diesen Sätzen beendet Michael Collins im Jahr 2000 den Begleittext zur seiner damaligen Aufnahme des Mozart-Klarinettenkonzertes mit der Bassettklarinette. 2020 erfüllt ihm dann Richard Birchall seinen Wunsch in Form eines dreisätzigen Konzertes, das hier nun als Ergänzung zu Mozarts Konzert und Quintett seine CD-Premiere erfährt.
Über Johann Wenzel Stamitz, den Begründer der „Mannheimer Schule“, geben alle einschlägigen Musiklexika ausgiebig Auskunft. Seinen Sohn Carl Philipp Stamitz (1745-1801) berücksichtigen hingegen nur wenige. Er wurde von seinem Vater unterrichtet und von der genannten Mannheimer Schule geprägt, zog als gefeierter Violinist und Bratschist von Hof zu Hof und starb in Jena hochverschuldet. Auch er hat komponiert, viele Solo-Konzerte und viele Sinfonien, über 50 an der Zahl. Zehn von diesen hat das Ensemble Amadeus unter ihrem Gründer und Leiter Normann Kästner auf dieser Doppel-CD versammelt, alles Ersteinspielungen.
Ferdinand Hiller, Piano Quartet op. 133 • Piano Quintet op. 156
cpo 555 312-2
1 CD • 77min • 2010
06.06.2022 • 9 9 10
Auch Ferdinand Hiller (1811-1885) gehört zu den zu Unrecht weitestgehend vergessenen Hochromantikern. Das mag durchaus an seiner bei Johann Nepomuk Hummel – somit als Enkelschüler Mozarts – klassizistischeren, strenger am Handwerk orientierte Ausbildung zu leichtem Komponieren mit hoher Produktivität liegen. Andererseits wurde er neben Brahms zum Antipoden der neudeutschen Schule aufgebaut, da er sich kritisch über die Sinfonischen Dichtungen seines Jahrgangsgenossen und Jugendfreundes Franz Liszt geäußert hatte, dessen kompositorisches Training wesentlich oberflächlicher ausgefallen war.
Seit ihrem Sieg beim Gesangswettbewerb Operalia vor acht Jahren gilt die amerikanische Sopranistin Rachel Willis-Sørensen als ein Geheimtipp auf der internationalen Opernszene. Beim Livestream von Verdis Les Vêpres Siciliennes aus der Bayerischen Staatsoper (2018) stieß ich erstmalig auf ihren Namen und war damals von ihrer sängerischen Leistung sehr angetan. Seither konnte ich manche positiven Besprechungen ihrer Auftritte lesen und habe nun mit Interesse ihr Debüt-Album bei Sony studiert, in dem sie sich in einigen ihrer erfolgreichen Bühnenrollen präsentiert.
Misho Kandashvili, plays Prokofiev, Mosolov, Kancheli, Balanchivadze
Thorofon CTH2677
1 CD • 60min • 2022
04.06.2022 • 8 9 8
Der Pianist Misho Kandashvili (Jahrgang 1993) studierte in seiner Geburtsstadt Tiflis, ab 2012 dann in Wien und spielt auf seiner Debüt-CD ein Programm mit Werken georgischer und russischer Komponisten. Erfreulich, dass hier neben dem ja gerade in Deutschland häufig aufgeführten Giya Kantscheli auch Musik weniger bekannter Autoren Georgiens erklingt, die durchgehend hohes musikalisches Niveau besitzt.
Anton Eberl (1765-1807) …? Wieder so ein Unbekannter, der beeindruckende Musik schrieb, jedoch zumeist – wie auch seine Mitschüler bei W. A. Mozart, Josef Wölfl und Johann Nepomuk Hummel – nur im Zusammenhang mit der Entwicklung des Klaviervirtuosentums im 19. Jahrhundert Erwähnung findet. Umso dankenswerter ist es, dass sich das mehrfach mit „Klassik-ECHOs‟ ausgezeichnete casalQuartett seines einzigen, dem russischen Zaren Alexander I. gewidmeten Opus für Streichquartett angenommen hat.