Die Aufnahmen der Klavierquartette in A-Dur op. 26 und in c-Moll op. 60 von Johannes Brahms sind dem Gedenken an den Pianisten Lars Vogt (1970 - 2022) gewidmet. Kurz vor seinem Tod wurden die beiden Werke im Sendesaal Bremen eingespielt, wobei es beim c-Moll-Quartett nur zu einem einfachen „Durchspielen“ reichte.
Vor noch nicht einmal zehn Jahren gab es von der Musik des in Prag geborenen, aus einer jüdischen Familie stammenden Hans Winterberg (1901–1991) weder kommerzielle Einspielungen noch Notenausgaben. Die Gründe dafür sind vielschichtig und in wenigen Zeilen kaum befriedigend wiederzugeben. Zu Winterbergs verschlungenem Lebensweg, der ihn, nachdem er das Ghetto Theresienstadt überlebt hatte, nach Bayern führte, wo er beim Rundfunk eine Anstellung fand, kommt eine komplexe familiäre Konstellation hinzu; sein Stiefsohn versah Winterbergs Nachlass u.a. mit einer Sperrklausel bis zum Jahre 2030. Es ist dem Engagement von Winterbergs leiblichem Enkel Peter Kreitmeir zu verdanken, dass diese Musik der Versenkung und dem Vergessen entrissen wurde.
Der rumänische Pianist Victor Nicoara, der heute in Berlin lebt, widmet sich vor allem dem weniger bekannten Klavierrepertoire und ganz besonders dem Schaffen von Ferruccio Busoni (1866 – 1924). Die neue CD trägt den Titel „Polyphonic Dreams“ und weist damit auf einen charakteristischen Wesenszug Busonis hin: seine an Johann Sebastian Bach geschulte und zugleich auf die moderne Musik vorausschauende Denkweise. Bezeichnend dafür ist die epochale Fantasia Contrappuntistica, mit der sich der Komponist von 1910 bis in die Zwanziger Jahre beschäftigte. Sie geht von der Grundidee aus, Bachs Kunst der Fuge zu vollenden, greift dabei aber weit in die Zukunft voraus.
Dass Gustav Mahlers 12 Lieder aus Des Knaben Wunderhorn, in den Jahren 1892-1898 entstanden, dem Publikum vor allem in ihren Orchesterversionen bekannt sind, hat einen einfachen Grund: der Verlag Universal Edition hatte jahrzehntelang nur Klavierauszüge dieser Orchesterfassungen aufgelegt und die von Mahler selbst geschaffenen Klavierversionen ignoriert. Erst 1993 wurden diese im Rahmen der kritischen Gesamtausgabe von Renate Stark-Voit und Thomas Hampson neu herausgegeben. Das vorliegende Album verbindet diese zwölf Gesänge mit 8 originalen Klavierliedern auf „Wunderhorn“-Texte aus den Jahren 1887-1891.
Vermutlich ist der russische Komponist Viktor Ewald (1860–1935) den meisten Musikliebhabern eher kein Begriff, und dies paradoxerweise, obwohl die auf dieser CD vorgestellten Werke für cpo-Verhältnisse eigentlich diskographisch ungewöhnlich gut erschlossen sind (teilweise mehr als ein Dutzend Einspielungen). Ewald gehörte dem Kreis um den russischen Musikmäzen Mitrofan Beljajew an und spielte lange Zeit auf dessen Freitagstreffen im Streichquartett den Cellopart. Hauptberuflich war er Bauingenieur, hatte jedoch am Petersburger Konservatorium eine gründliche musikalische Ausbildung genossen.
Hier wächst zusammen, was nicht zusammengehört – jedenfalls wenn man herkömmliche Stilschubladen bemüht. Tango und Chaconne haben nun wirklich nichts miteinander gemeinsam, auf dieser CD aber kombiniert das experimentierfreudige Ensemble La Ninfea munter beide Tänze und fügt gleich noch weitere hinzu. Von Forqueray und Händel bis Piazzolla reicht das stilistische Spektrum, das hier bunt durcheinandergewürfelt wird, und auch Mozart ist mit dabei. Das Ergebnis ist unkonventionell aber auch sehr erfrischend.
Mozarts düsterstes Klavierkonzert, nämlich das in d-Moll KV 466, und das sonnigste Klavierkonzert, das in A-Dur KV 488, hat hier der südkoreanische Pianist Jae-Hyuck Cho miteinander kombiniert. Der Pianist hat an der Manhattan School of Music und an der New Yorker Juillard School studiert – und dazu gleichzeitig Orgel –, so dass er einer der wenigen Künstler ist, die sowohl als Pianist als auch als Organist auftreten. Das Zusammenspiel mit dem von Hans Graf geleiteten Royal Philharmonic Orchestra klappt exemplarisch gut. Die Aufnahmetechnik lässt trennscharf jede Instrumentengruppe hören, ja auch einzelne Instrumente wie das hurtig dahinplappernde Fagott und die lebhafte Flöte vor allem im Finale des A-Dur-Konzertes.
Das 2018 gegründete Gropius Quartett setzte sich mit dem Namen des Bauhaus-Architekten Walter Gropius das Ziel, klare Struktur mit musikantischer Leidenschaft zu verbinden. Und dazu gehört auch die Suche nach Neuem. Fündig wurden Friedemann Eichhorn und Indira Koch (alternierend an der ersten und zweiten Violine), Alexia Eichhorn (Viola) und Wolfgang Emanuel Schmidt (Violoncello) bei George Alexander Albrecht (1935 – 2021), der dem Ensemble sein 2018 entstandenes Streichquartett Von Angst und Trauer erlöst durch die Liebe widmete. Der vor allem als weit gereister Dirigent bekannte George Alexander Albrecht hat mit diesem Werk ein sehr persönliches Stück hinterlassen, das den Weg aus Nacht zum Licht, gestützt auf literarische Zeugnisse von Franz von Assisi über Johann Wolfgang Goethe bis zu Else Lasker-Schüler, nachzeichnet.
Die in Moskau geborene, georgischstämmige Pianistin Shorena Tsintsabadze ist auf CD bislang vor allem mit romantischem Repertoire hervorgetreten, das über große Namen wie Schumann, Brahms oder Rachmaninow bis hin zu den Klavierkonzerten von Sergej Ljapunow reicht. Auf ihrem neuen Album, einmal mehr bei Ars Produktion erschienen, wendet sie sich nun der Musik ihrer georgischen Heimat zu im Rahmen eines Überblicks von den Anfängen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis ins Jahr 2024.
Musik aus der Zeit des „Siebenjährigen Krieges“ vereint die vorliegende CD. Dieser wütete von 1756 bis 1763 und kann nach heutigen Maßstäben durchaus als „Weltkrieg“ gelten: Alle damals bedeutenden europäischen Mächte waren in die Kriegshandlungen verstrickt, und damit kamen auch die Gebiete ihrer Kolonien in Nord- und Südamerika, Indien und Afrika sowie die umkämpften Handelswege auf den Weltmeeren mit ins Bild. Zwei deutsche Kurfürstentümer, Brandenburg (als Königreich Preußen mittlerweile eine aufsteigende europäische Großmacht) und das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (gemeinhin als Kurhannover bekannt), dessen Kurfürsten inzwischen als Könige von Großbritannien und Irland in London residierten, standen in Deutschland einer Koalition von Frankreich, Russland und Österreich gegenüber.
Mit seinem Hornklang möchte Ulrich Thevißen die Zuhörer für sein Instrument begeistern und dazu hat er einen bunten Melodienstrauß zusammengestellt. Nur zwei der Werke sind tatsächlich dem Horn zugedacht: die Romanze Empfindungen am Meere op. 12 von Franz Strauss, dem Waldhornvirtuosen und Vater von Richard Strauss, sowie die dreisätzige Sonate des 1940 geborenen norwegischen Komponisten Trygve Madsen. Bei den übrigen Stücken handelt es sich um Bearbeitungen, die nicht alle gleichermaßen gut für eine Wiedergabe auf dem Horn geeignet sind. Während Robert Schumanns Lied Widmung aus dem Zyklus Myrten sich wie ein gelungenes „Lied ohne Worte“ anhört, kommt der Gesang Ruhe, meine Seele von Richard Strauss in der Instrumentalfassung doch etwas sperrig daher.
2024 haben nicht nur einige wichtige Komponisten einen runden Geburtstag, sondern wir gedenken ebenso des 100. Todestages von Busoni, Fauré, Puccini, Stanford – und (Franz) Xaver Scharwenka (1850–1924). Als Schüler Theodor Kullaks stieg der aus der Nähe von Posen stammende Künstler mit deutsch-polnischen Wurzeln rasch zum gefeierten Klaviervirtuosen auf, wurde von Liszt gefördert, machte aber bald auch als durchaus erfolgreicher Komponist von sich reden; sein Ruf als Pädagoge war lebenslang geradezu legendär. Anders als die häufig in sich gekehrte Musik seines jüngeren Bruders Philipp sind gerade Xavers wenige Orchesterwerke – darunter vier Klavierkonzerte – völlig extrovertiert. [...]
Jeder hat seinen eigen Zugang zur Musik von Johann Sebastian Bach. Der von der Pianistin und Flötistin Kathrin Beddig ist subjektiv, biografisch und spiritualistisch. Diese CD ist, wie Kathrin Beddig im Booklet schreibt, „wie alle meine Produktionen ein Herzensprojekt“, und hat „einen frühen Ursprung in meiner eigenen Biografie“, ja, sie helfe ihr, Traumata zu überwinden und „seelisch zu überleben“. Bachs Musik gebraucht sie dazu als einen „fiktiven Gottesdienst“. „Wie alle meine Produktionen“ heißt: Kathrin Beddig hat schon eine ganze Reihe von CDs berühmten Persönlichkeiten gewidmet, darunter etwa Goethe, Beuys oder Karl May. Ihre „Klänge des Lichts“ – so betitelt sie ihr Projekt – „beleuchten konstruktive Wege, um seelische Kraft zu nähren“.
Poetische Musik, musikalische Gedichte – auf ihrem Album widmet sich die aus Luxemburg stammende Pianistin Cathy Krier der Verbindung zwischen Wort und Ton. Ihre kluge Zusammenstellung reicht von Ravels Gaspard de la Nuit über Liszt-Transkriptionen und Prokofjews Cinderella bis zu zeitgenössischen Komponistinnen. Ravels dreiteiliger Zyklus Gaspard de la nuit basiert auf schauerromantischen Gedichten von Louis Bertrand. Mit ihrer suggestiven Gestaltung erweckt Cathy Krier die gruslig-grotesken Szenen eindrucksvoll zum Leben. Musik sagt mehr als tausend Worte – so könnte man da das bekannte Sprichwort abwandeln. Das grelle, verzerrte Lachen der Nixe Ondine mischt sich in den Arpeggio-Klang des spritzenden Wassers; ein Galgen steht in einer beklemmend finsteren, im Glockenläuten versinkenden Landschaft.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war der aus Altona stammende Carl Reinecke (1824‒1910) einer der meistgespielten deutschen Komponisten. Obwohl lange in Leipzig tätig, – alleine 35 Jahre als Gewandhauskapellmeister – vertrat er ein konservatives Gegenmodell zur dortigen Neudeutschen Schule, das an Traditionen der Wiener Klassik festhielt und sich Mendelssohn, Schumann und Brahms zum Vorbild nahm. Reineckes Kompositionsklasse brachte dafür so zukunftsweisende Persönlichkeiten wie Albéniz, Grieg, Delius, Sinding und Busoni hervor. Dennoch hielt sich nur wenige Kammermusik im Repertoire. Die drei Symphonien führen diskographisch noch immer ein Schattendasein, und so vollendet diese CD der 2. Symphonie sogar die erste Gesamtaufnahme mit einem Orchester unter demselben Dirigenten; rechtzeitig zum 200. Geburtstag des Komponisten, den man unter den zahlreichen Jubilaren dieses Jahres anscheinend völlig vergessen hat.
Anthony Girard, Jahrgang 1959, führt auf musikalischem Gebiet die Tradition des engagierten französischen Intellektuellen fort: Er veröffentlicht regelmäßig Artikel und Essays, ist Mitbegründer der Zeitschrift für Ästhetik und Musikanalyse „Pour les sonorités opposes“, verfasste Lehrbücher zur Musikanalyse. Zudem ist er Professor für Orchestrierung am Pariser Konservatorium. Auch als Komponist ist Girard sehr produktiv und erfolgreich. Er hat mehr als 250 Werke geschrieben, die bei mehreren Verlagen herausgegeben und verschiedentlich eingespielt wurden. Das Album „Sur des chemins oubliés“ widmet sich vorwiegend seinen kammermusikalischen Werken mit Klarinette, aus verschiedenen Schaffensphasen.
Die sogenannte Künstliche Intelligenz geistert oft wie ein Schreckgespenst durch die Welt der Kulturschaffenden. Aber ist es hier überhaupt sinnvoll, von „Intelligenz“ zu reden, wo es zunächst nur um immer effektivere Verfahren der Datenverarbeitung und -vernetzung geht und wo deren sinnvolle, ergebnisorientierte Anwendung immer noch eine Sache des menschlichen Willens und ja der Kreativität ist? Wer auf der Höhe der Zeit agiert, egal in welcher Disziplin, schöpft das Beste aus neuen Möglichkeiten, aber immer dem Willen, etwas eigenes und echtes daraus zu formen.
Drei Streichquartette sind auf dieser CD Zeugnisse eines langen Komponistenlebens. In seiner Studienzeit am Londoner Royal College of Music und dem Trinity College in Cambridge schrieb Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958) ein Streichquartett in c-Moll, das er einer Zählung nicht für würdig befand und das doch schon typische Züge seines Stils aufweist. Die Uraufführung fand erst 1904 statt. Nach einem für ihn bedeutsamem Besuch bei Maurice Ravel in Paris entstand 1908/9 das String Quartet Nr. 1 in g-Moll, das der Komponist 1921 einer Revision unterzog. Und in den Jahren 1942 bis 1944 komponierte Vaughan-Williams das Quartett Nr. 2 in a-Moll, das unverkennbar Spuren der düsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs zeigt.
Margarita Höhenrieder kombiniert auf ihrer neuesten Einspielung das für sie geschriebene Stück Stilla – eine Bereicherung des Repertoires für die linke Hand allein – des Isländischen Komponisten Hjalmar Hegi Ragnarsson mit Edwards Griegs beliebtesten Schlachtrössern: den beiden Peer Gynt- Suiten und dem Klavierkonzert op. 16. Beim Konzert wird sie von der Nordwestdeutschen Philharmonie unter Jonathon Heyward unterstützt, bei den Ibsen-Kompositionen wählte sie die vierhändige Bearbeitung des Komponisten, die sie gemeinsam mit dem finnischen Pianisten Antti Siirala interpretiert.
Symphonie in D-Moll »Nullte«, WAB 100 Mozarteumorchester Salzburg, Ivor Bolton
Berlin Classics 0303050BC
1 CD • 37min • 2018
29.08.2024 • 9 10 9
Vom Mozarteum Orchester Salzburg würde man spontan nicht unbedingt Musik von Anton Bruckner erwarten – doch siehe da: 2017 ist beim Label Oehms eine Gesamtaufnahme der Bruckner-Symphonien unter Ivor Bolton erschienen. Beim gemeinsamen Label MO/Berlin Classics folgt nun – gewissermaßen als Ergänzung – die d-Moll-Symphonie, genannt „Die Nullte“, besser benannt als „Die Annullierte“, die, wie Doris Sennefelder formuliert (in: „Die Symphonien Bruckners“, Hg. Renate Ulm), als „künstlerischer Brückenschlag“ zur 2. und vor allem zur 3. Symphonie Bruckners fungiert
Seine Kollegen Leonard Bernstein und Aron Copland sollen sich über seine Kompositionen abfällig geäußert haben, und für das deutsche Publikum dürfte er noch ein großer Unbekannter sein. Doch seine amerikanische Karriere kann sich sehen lassen. William Grant Still (1895-1978) hat dort alles erreicht, was einem farbigen Künstler in seiner Zeit möglich war. In der Familie schon früh musikalisch gefördert, erhielt er eine umfassende Ausbildung als Instrumentalist und Komponist, war auf beiden Gebieten erfolgreich und daneben noch als Arrangeur und Plattenproduzent tätig.
Der dänische Komponist Carl Nielsen (1865 – 1931) ist vor allem durch seine fünf Sinfonien bekannt geworden, die zwischen 1890 und 1928 entstanden sind. Dabei hat er einen sehr eigenen Stil entwickelt, der von der Romantik bis zur Moderne führt. Von der dritten Symphonie, die den Beinamen „Espansiva“ trägt und in den Jahren 1910-1911 komponiert wurde, hat Nielsen eine vierhändige Fassung angefertigt, mit deren Einsatz er das Werk bei verschiedenen Dirigenten bekannt zu machen hoffte. Außerdem stießen die beiden Interpreten auf zwei Szenen aus der Oper „Saul und David“, die bereits 1902 uraufgeführt wurde. Die vierhändige Version stammt ebenfalls vom Komponisten. Schließlich fanden Rikke Sandberg und Kristoffer Hyldig eine Komposition von dem Maler Niels Jørgensen, dem Vater Carl Nielsens. Es handelt sich um einen schmissigen Marsch, der im Kopenhagener Tivoli gespielt wurde und der sich nun trefflich als Zugabe für die neue CD eignet.
Diese CD ist ein treffliches Geschenk für alle Hornisten und Horn-Liebhaber. Seit nach 1680 das Horn als Musikinstrument und nicht nur als Jagd- oder Signal-Instrument seinen Siegeszug auch in Deutschland angetreten hatte, haben viele Komponisten Musik für dieses Instrument geschrieben. Sieben Beispiele davon, die meisten für zwei Hörner, alle Konzerte vornehmlich aus Mitteldeutschland stammend, haben die beiden Hornisten Stephan Katte (gefragter Hornsolist und Instrumentenbauer) und Sebastian Fischer (stellvertretender Solohornist in der Erzgebirgischen Philharmonie), die selber aus Mitteldeutschland stammen, hier versammelt.
Der Komponisten Heinz Winbeck (1946 -2019) stand Zeit seines Lebens nicht so sehr im Rampenlicht, - vermutlich, weil er sich den zeitgeistigen Moden verweigerte, aber sich dafür umso kompromissloser der Wahrheit der eigenen inneren Empfindungen stellte. Seine orchestrale Bearbeitung von Franz Schuberts „Lebensstürme"-Zyklus ist jetzt auf CD erschienen und lässt Vergangenheit und Gegenwart in einem großen Spannungsbogen zusammenfließen. Die Innenwelt, in der es auch stürmisch zugeht, war auf jeden Fall Heinz Winbecks Sache, wie er es selber zum Ausdruck brachte: „Ich bringe buchstäblich nur das zu Papier, das, würde ich es nicht tun, mich zersprengte."
Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für Violoncello BWV 1007-1012 könnte man als seine „Italienischen Suiten“ bezeichnen, wäre da nicht die ausgesprochen stark französelnde Fünfte. Besser trifft es als Analogon zum Wohltemperierten Klavier der Pianisten wahrscheinlich „Das Alte Testament der Cellisten“. Doch anders als bei diesem, steht hier ein Neues Testament noch aus. Somit verwundert es nicht, dass jeder Cellist von Rang diese sechs – von Pablo Casals dem Konzertrepertoire wieder zugeführten – Zyklen auf Tonträger verewigen möchte. Henrik Dam Thomsen war sich der Verantwortung derart bewusst, dass er bald 50 Jahre wartete, seine reichen Erfahrungen mit diesen Stücken zu dokumentieren.