Contemporary Guitar Music by Cage Carter Dashow Kampela Reich
Changes, Contemporary Guitar Music by Cage Carter Dashow Kampela Reich
Naxos 8.574394
1 CD • 60min • 2021
28.11.2023 • 9 10 9
Wenn der italienische Gitarrist Arturo Tallini seine aktuelle Naxos-Einspielung „Changes“ nennt, hier also von Veränderungen oder Wandlungen die Rede ist, bezieht sich dies zum einen auf Elliott Carters gleichnamiges Stück aus den 1980er Jahren. Zugleich dient dieser Album-Titel als programmatischer Oberbegriff, unter dem Tallini auf die Entwicklung der Musik im 20. und 21. Jahrhundert blickt und hierfür den angloamerikanischen Raum in den Fokus rückt. Das brillant-analysierende Spiel des Italieners erweist sich als sichere Bank und sorgt teilweise noch für eine weitere Verfeinerung beim Höreindruck dieser richtungsweisenden Kompositionen.
Das Diogenes Quartett, das mich bereits durch seinen exzellenten Fesca-Zyklus beeindruckte, widmet sich in Vol. 2 seiner Aufnahme der Streichquartette von Friedrich Gernsheim (1839-1916) dessen letzten beiden wunderbaren Kammermusikkompositionen, dem 5. Streichquartett (1911) und dem 2. Streichquintett (1915) und erweitert so die Diskographie dieses lange unterschätzten Spätromantikers, dessen Werke zunehmend an Beachtung gewinnen.
Weihnachten naht und damit die hohe Zeit von Knabenchören und Posaunenchören respektive feierlicher Blasmusik. Die innige Verbindung von Knabenchor- und Brass-Musik ist hier besonders gut gelungen. Der Titel „Christmas around the World“ ist eingelöst, weil Weihnachtslieder aus Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Italien, Spanien, Russland, aber auch aus Kanada und den USA versammelt sind. Das Ensemble London Brass zu rühmen ist wie Eulen nach Athen tragen: Blitzendes Strahlen, samtige Weichheit, absolute Intonationsreinheit, geradezu singende Trompeten (so im Pastorale aus dem Weihnachtskonzert von Corelli, Track 7) und technische Mühelosigkeit prägen das Spiel.
Obwohl ich in den letzten Jahren häufig mit polnischer Vokalmusik konfrontiert wurde, war mir der Name Eugeniusz Pankiewicz (1857-1898) bislang kein Begriff. Der in Göttingen lebenden und in Berlin lehrenden Pianistin und renommierten Klavierbegleiterin Dorota Dobosz, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, außerhalb der Heimat dort unbekannte polnische Musik bekannt zu machen, ist im Falle von Pankiewicz eine wertvolle Ergänzung des gängigen Lied-Repertoires geglückt. Von den 41 erhaltenen Liedern des früh verstorbenen Komponisten, der die letzten Lebensjahre in einer Nervenheilanstalt verbrachte, sind 25 auf dieser CD versammelt. Man kann davon ausgehen, dass es sich um eine repräsentative Auswahl handelt. Und so viel ist sicher: Sie lohnen das Kennenlernen.
Wenn die Pianistin Alexandra Sostmann etwas in die Hand, bzw. unter ihre Finger nimmt, hat das immer Überzeugungskraft und gibt einem das Gefühl des Nur-So-Richtigen. Klug überlegt sind ihre Programme und CD-Zusammenstellungen. So hat sie sich in Bachs Wohltemperiertes Klavier gedanklich geradezu hineingegraben, aber es ist kein Gegrübel herausgekommen, sondern einfach wundervoll klingende und singende Musik. Im sehr persönlich gehaltenen Booklet spricht sie aus, wie sie Bach spielen will: nicht romantisch, aber kantabel und immer lebendig artikulierend. Genau das ist ihr gelungen.
Olivier Messiaen, Vingt Régards Sur l'Enfant-Jésus
Telos Music TLS 255
2 CD • 2h 06min • 2022
23.11.2023 • 9 8 9
Der Pianist Prodromos Symeonidis, 1972 in Thessaloniki geboren und seit 1990 in Deutschland lebend, hat sich besonders als Spezialist für Neue Musik (etwa als Mitbegründer und langjähriges Mitglied des Ensembles Berlin PianoPercussion), aber auch für französische Komponisten wie Maurice Ohana einen Namen gemacht. Auf seinem neuesten Album wendet er sich Olivier Messiaens monumentalem Zyklus Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus zu, der sich überhaupt dieser Tage wachsender Beliebtheit zu erfreuen scheint – allein in den gerade erst beginnenden 2020ern ist er bereits in mindestens fünf Einspielungen neu auf den Markt gebracht worden
Wie schön, dass uns jetzt eine dritte, diesmal außerordentlich klangprächtige Aufnahme der Weihnachtsgeschichte von Hugo Distler (1901-1942) erreicht. Wer nach inniger, aber nicht sentimentaler Weihnachtsmusik sucht, aber nicht auf die Renaissance oder die hochbarocken Hits zurückgreifen will, erhält somit eine Alternative. Besonders bemerkenswert, dass sich ein Dänisches Vokalensemble des Werkes annimmt. Da scheint es doch eine Affinität zum typisch Norddeutschen der Musik der „Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik nach 1920“ zu geben.
Slavonic Journey, Czech Chamber Music for Flute and Piano
Prospero Classical PROSP0049
1 CD • 77min • 2021
21.11.2023 • 9 9 9
Sarah Rumer ist Soloflötistin des Orchestre de la Suisse Romande und stellt auf dieser CD zusammen mit dem Schweizer Pianisten Ulrich Koella tschechische Kammermusik vor. Fünf Komponisten sind versammelt; jeder von ihnen deutet das slawische Erbe auf seine Weise aus. Den Anfang macht Bohuslav Martinů, der in seiner Flötensonate die Tradition der tschechischen Musizierfreude aufleben lässt. Dabei ist die Unbeschwertheit des 1945 entstandenen Stücks hart erkämpft: Martinů war vor den deutschen Truppen aus seiner Wahlheimat Paris in die USA geflohen. Das Exil stürzte ihn in Depressionen und eine Schaffenskrise.
Die Gründerzeit im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts liebte es, die „Gute alte Zeit“ zu reflektieren und sich historisch zu kostümieren. In der Architektur verfuhr man gern nach dem Motto „Der Rohbau ist fertig, jetzt muss bloß noch der Stil dran“. Ähnliches geschah in der Musik. Nach Tristans Fieberekstasen benötigte man zur Abkühlung heiter-gemütvolle Serenaden im Stil Carl Loewes und Albert Lortzings gewürzt mit einer Prise mendelssohnischen Elfenzaubers
Weihnachtsliederabend, mit dem Thomanerchor Leipzig
Rondeau ROP4056
1 CD • 70min • 2023
19.11.2023 • 10 9 10
Wenn es ein geistliches Fest in christlich geprägten Ländern gibt, das Gläubige und weniger Gläubige zusammenbringt wie kein anderes, so ist es Weihnachten. Und so wie auch in den Familien die Traditionen an den Weihnachtstagen sehr unterschiedlich sind, spiegeln sich die verschiedenen Ansätze auch in der Weihnachtsmusik wider, die im Advent allerorten erklingt. Die Balance zwischen Altem und Neuem stellt da auch eine Herausforderung für das Programm des Thomanerchors Leipzig dar. Alljährlich erfüllt der Knabenchor, der zu den besten der Welt gehört, an drei Abenden im Advent die Thomaskirche in Leipzig bis auf den letzten Platz, wenn der Weihnachtliederabend des Chores auf dem Programm steht. Pünktlich zur Adventszeit 2023 ist nun bei Rondeau Production der Mitschnitt vom Vorjahr erschienen.
Allein die schiere Menge neuer oder vollendeter Gesamtaufnahmen der 32 Beethovenschen Klaviersonaten im zeitlichen Umfeld seines 250. Geburtstags dürfte jeden Rezensenten überfordern, dabei auch nur einigermaßen den Überblick zu behalten. Nun, da der ganz große Hype erstmal wieder vorbei zu sein scheint, ist es wohltuend, wenn ein Künstler einen neuen Sonatenzyklus – wie lange üblich – mit Bedacht erst nach und nach auf den Markt bringt. Im Falle des Saarländers Marlo Thinnes, der vor allem bei Jean Micault und Robert Leonardy studierte, hatte man nach einer absolut überzeugenden Box sämtlicher Violinsonaten mit Ingolf Turban seinen Blick auf die Klaviersonaten fast sehnlichst erwartet; nun ist die erste Doppel-CD erschienen.
Natürlich wird Carl Maria von Weber seit eh und je in erster Linie als Opernkomponist wahrgenommen, obwohl sein Instrumentalmusikschaffen schon rein zahlenmäßig gar nicht einmal besonders knapp bemessen ist. Zwei Instrumente spielen darin eine besonders prominente Rolle: zunächst einmal das Klavier (als sein eigenes Instrument) und dann die Klarinette, initiiert und inspiriert durch Webers Bekanntschaft mit Heinrich Joseph Baermann, einem der prägendsten Klarinettisten jener Zeit. Roeland Hendrikx, bis vor wenigen Jahren Soloklarinettist des Belgischen Nationalorchesters, hat bereits eine CD mit Webers Kammermusik für Klarinette herausgebracht, der nun auf dem vorliegenden neuen Album seine Lesart der beiden Konzerte (bei denen es sich natürlich um Fixpunkte des Klarinettenrepertoires handelt) folgt.
Laks • Weinberg • Nowicka, Works for Violin & Chamber Orchestra
cpo 555 523-2
1 CD • 66min • 2012,2013
16.11.2023 • 10 10 10
Während die Musik Mieczysław Weinbergs (1919-1996) spätestens seit der szenischen Erstaufführung seiner Oper Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen 2010 hierzulande zunehmend Gehör gefunden hat, ist Simon Laks‘ (1901-1983) recht schmales, aber nicht weniger interessantes Schaffen noch recht unbekannt. Laks – wie Weinberg in Warschau geboren – ging nach anfänglichem Mathematikstudium 1926 nach Paris, wo er früh Erfolge feierte. 1941 folgten Inhaftierung, Deportation nach Auschwitz, Zwangsarbeit bei Dachau. Nach seiner Befreiung kehrte er wieder zurück nach Paris. [...]
Golden Christmas, Felix Klieser • Wiener Concert-Verein
Berlin Classics 0303074BC
1 CD • 51min • 2023
15.11.2023 • 10 10 10
Weihnachtsmusik, gerne, aber vielleicht lieber mal ohne Gesang? Da liefert der Hornist Felix Klieser mit seiner neuen Aufnahme „A Golden Christmas“ genau das Richtige. Klieser ist bekennender Winter- und Weihnachtsfan, was auch aus dem Vorwort im lesenswerten Booklet hervorgeht. Es ist vor allem die Atmosphäre, die ihn in dieser Zeit schon als Kind gepackt hat. Dass der Musiker also nun eine Weihnachts-CD herausbringt, war quasi überfällig. Klieser hat mit „A Golden Christmas“ Melodien aufgenommen, die für ihn sein persönliches Best-Of dieser Jahreszeit darstellen. Dabei scheut er sich auch nicht, sich an Auszügen größerer Werkgattungen zu bedienen, so finden sich beispielsweise Auszüge aus Bachs Weihnachtsoratorium oder Händels Messias auf der CD.
Johannes Brahms: 15 Romanzen aus Ludwig Tiecks Magelone, op. 33
Die schöne Magelone, Johannes Brahms: 15 Romanzen aus Ludwig Tiecks Magelone, Op-. 33
Genuin GEN 23844
1 CD • 80min • 2021
14.11.2023 • 7 8 8
Der junge litauische Bariton Tomas Kildišius und die armenische Pianistin Ani-Ter Martyrosian, die als Duo erst vor wenigen Monaten den Wettbewerb „Young Artists Platform“ des internationalen Lied Festivals Zeist gewannen, haben für ihre erste gemeinsame CD die 15 Romanzen aus Ludwig Tiecks Magelone op. 33 von Johannes Brahms gewählt und damit eine respektable Talentprobe abgeliefert, ohne dabei eine Repertoirelücke zu füllen. Tatsächlich liegt dieser Zyklus schon in zahlreichen Einspielungen aus neuerer wie aus früherer Zeit vor, wobei durch die Aufnahmen von Dietrich Fischer-Dieskau die Meßlatte einmal mehr ziemlich hoch hängt.
Mozart hat nicht immer Recht: Als einen „elenden Notenschmierer“ verhöhnt er Carl Stamitz (1745-1801), den Violinisten und Bratschisten der Mannheimer Hofkapelle und Sohn des berühmten Johann Wenzel Stamitz. Im Gegensatz zu seinem Vater blieb Carl nicht in Mannheim, sondern entwickelte eine eminente Reisefreudigkeit als Bratschen-Virtuose, bis er 1795 in Jena eine Stellung als Universitätsmusikdirektor fand, die er bis zu seinem Tode bekleidete. Das Magazin der sächsischen Geschichte 1787 schrieb über ihn, dass er „fast für alle Instrumente mit außerordentlicher Schönheit“ komponiere. Es gibt von ihm alleine 7 Flöten-, 11 Klarinetten- und 15 Violinkonzerte und über 80 Sinfonien, davon viele „Symphonies Concertantes“, in denen er – wie das Booklet schreibt – „den großen Orchesterklang mit den Möglichkeiten für die Instrumentalisten, ihre Virtuosität und Brillanz zu zeigen“, verbindet.
Christian Tetzlaff • Tanja Tetzlaff • Paavo Järvi In Memoriam Lars Vogt
Brahms • Viotti • Dvořák, Christian Tetzlaff • Tanja Tetzlaff • Paavo Järvi
Ondine ODE 1423-2
1 CD • 61min • 2022
12.11.2023 • 10 10 10
Die Widmung zu dieser bemerkenswerten CD lautet: “In Memoriam Lars Vogt” und sie ist dem dem Andenken des 2022 im Alter von 52 Jahren verstorbenen bedeutenden Pianisten gewidmet ist. Statt der üblichen Werkbeschreibung ist im Booklet ein langes, intensives Gespräch mit Tanja und Christian Tetzlaff abgedruckt, das Einblick gibt in die gemeinsame Arbeit mit Lars Vogt und über die Gründe, gerade das Doppelkonzert von Brahms, das letzte große Orchesterwerk des Komponisten, als Hauptstück für diese Gedenk-CD zu wählen.
Die Pianistin Serra Tavsanli wurde in Istanbul geboren, ging aber schon bald in „ihr Sehnsuchtsland“ Deutschland, wo sie seit 1998 lebt. Sie studierte an den Musikhochschulen in Hannover und Detmold (dort bei Anatol Ugorski) und legte 2010 ihr Konzertexamen in Leipzig ab. Debütiert hat sie 2009 im Konzerthaus Berlin. Diese Aufnahme mit Werken von Johann Sebastian Bach ist ihre dritte CD.
Der Titel der fünften CD der Berliner Pianistin Caroline Fischer „Magical Christmas Fantasies“ gibt scheinbar schon die Schublade vor. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen und vor allem nicht diese neue Veröffentlichung der deutsch-koreanischen Pianistin auf den reinen „funktionalen“ Zweck reduzieren. Auch wenn dieses Programm durchaus dazu angetan ist, ein musikalisches Ambiente zum Fest zu liefern. Tauchen wir ein in die musikalische Reise, auf welche uns Caroline Fischer am Flügel mitnimmt: Bachs „Air“ aus der dritten Orchestersuite, einfühlsam aufs Klavier übertragen, bildet die festlichen Eröffnung, der man nichts hinzuzufügen muss.
Zwischen Tag und Nacht. Zwischen Traum und Wirklichkeit. Zwischen Dir und mir
da.zwischen, Zwischen Tag und Nacht. Zwischen Traum und Wirklichkeit. Zwischen Dir und mir
Ars Produktion ARS 38 643
1 CD • 70min • 2022
09.11.2023 • 8 8 8
Ein Allerweltsprogramm ist das wahrlich nicht, das sich die Deutsch-Italienerin Sofia Pavone und der Deutsch-Iraner Hedayet Jonas Djeddikar für ihre erste gemeinsame, von der Bundesregierung (Neustart Kultur) und anderen Institutionen maßgeblich geförderte CD zusammengestellt haben. Der Album-Titel „da.zwischen“ zielt in philosophische Bereiche. Denn es geht in den hier versammelten Gedicht-Vertonungen um nicht weniger als die Räume zwischen Tag und Nacht, zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Leben und Tod, aber auch zwischen Welten und Menschen.
Concertos for Recorder Tenor Saxophone • Sonata Concertante for Accordion and Strings
Kalevi Aho, Concertos for Recorder Tenor Saxophone • Sonata Concertante for Accordion and Strings
BIS 2646
1 CD/SACD stereo/surround • 72min • 2022
08.11.2023 • 10 10 10
Mit den auf dieser CD als Ersteinspielung aufgelegten Werken erreicht die Zahl der Instrumentalkonzerte Kalevi Ahos (Jahrgang 1949) nunmehr 39. Neben den mittlerweile 18 Symphonien bilden sie zweifellos den Schwerpunkt seines Schaffens. Hier sind wieder für den klassischen Konzertbetrieb eher exotische Instrumente die Hauptprotagonisten: Blockflöte(n), Tenor-Saxophon und Akkordeon, gespielt von genau den Solisten, für die Aho die Stücke geschrieben hat. Alleine dies sollte die Zuhörerschaft bereits neugierig machen – völlig zu Recht, denn der Finne zieht dabei erneut überzeugend alle Register seines Könnens.
Essais musicaux Works for violin, clarinet and piano
Steffen Wolf, Essais musicaux
TYXart TXA21160
1 CD • 74min • 2021
07.11.2023 • 8 9 9
Noch vor wenigen Jahren war Steffen Wolf, Jahrgang 1971, als Komponist kaum einer größeren Öffentlichkeit bekannt, und selbst heute sind (auch auf der vorliegenden CD) die biographischen Angaben zu ihm eher spärlich. Wolf lebt in Hamburg, ist auch Sänger (Tenor) und Gesangspädagoge, und der Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens liegt auf Vokal-, Klavier- und Kammermusik, oft mit Bezügen zu anderen Künsten. Ein Markstein seines Œuvres ist offenbar sein (gesangspädagogischer) Heine-Zyklus Ein deutscher „Vaccai“. Nachdem 2015 eine Schallplatte (sic) mit ausgewählten Werken Wolfs und vor zwei Jahren seine „Rezitationsmusik“ zu Christoph Martin Wielands Der Vogelsang auf CD erschienen ist, kann die vorliegende Neuerscheinung nun als repräsentativ für Wolfs Kammer- und Klaviermusik aus jüngerer Zeit gelten mit nicht weniger als sechs verschiedenen Werken, allesamt Zyklen von Miniaturen
Die 1968 in Belgrad geborene serbische Pianistin Nataša Veljković, die in Wien lebt und arbeitet, spielte bereits im Jahr 2017 beim Deutschlandfunk Sonaten zweier Beethoven-Zeitgenossen ein: Der aus Salzburg stammende Joseph Wölfl (1773–1812) hat sich sogar mit Beethoven einen musikalischen Wettstreit geliefert, bei dem er nach zeitgenössischen Berichten eine gute Figur gemacht haben muss. Und der in Böhmen geborene Jan Ladislav Dussek (1760–1812) hat Jahre lang als Klaviervirtuose Europa bereist und war als Komponist für sein Instrument hoch angesehen.
Concerto for Violin and String Quartet • Four Improvisations & Works for Violin and Piano
Allan Pettersson, Concerto for Violin and String Quartet • Four Improvisations & Works for Violin and Piano
BIS 2580
1 CD/SACD stereo/surround • 60min • 2022
05.11.2023 • 9 10 9
In Allan Petterssons (1911-1980) Schaffen dominieren eindeutig die 15 vollendeten Symphonien, die ihn wegen ihrer dunklen Ausdruckskraft nicht erst rückblickend als Schwedens bedeutendsten Symphoniker überhaupt erscheinen lassen. Das monumentale und in seiner Erstfassung überinstrumentierte Violinkonzert von 1977 trägt gleich die Nummer 2. Das Hauptwerk der vorliegenden CD, das Konzert für Violine und Streichquartett (1949), gehört hingegen klar zum recht schmalen Katalog von Kammermusikwerken, obwohl es auch als Violinkonzert Nr. 1 bezeichnet wird. Danach folgen lediglich die Sieben Sonaten für zwei Violinen – alles noch vor Petterssons Symphonie Nr. 2 (die erste blieb Fragment) von 1952/53, in der der Komponist schon seine ganz persönliche Ausdruckswelt gefunden hat.
Die drei bekannten Sonatinen für Violine und Klavier in D-Dur, a-Moll und g-Moll von Franz Schubert aus dem Jahr 1816 wurden vom Komponisten als Sonaten bezeichnet, doch der rührige Verleger Diabelli versprach sich vom verniedlichenden Titel einen größeren Verkaufserfolg. Acht Jahre später, Schubert war inzwischen 27 Jahre alt, erschien die a-Moll-Sonate für „Arpeggione“, ein hybrides Instrument zwischen Gitarre und Violoncell, das bald in Vergessenheit geriet. Nicht aber das großartige Stück, das heute meist auf dem Cello gespielt wird.
Welch kluge Idee der Sitkovetskys, das frühe G-Dur-Trio op. 1/II von Ludwig van Beethoven mit dem Erzherzog-Trio op. 87 zu kombinieren, denn beide Werke ergeben kombiniert eine durchaus fröhliche Kammermusik-Soiree, die weniger den Titanen als den humorigen Brummbären in den Mittelpunkt stellt. Zudem spielt harmonisch in beiden Trios die Terzverwandtschaft zwischen Themen und Sätzen eine wichtige Rolle, sodass sich ein Brückenschlag vom Frühwerk zum Übergang in die Spätperiode ergibt.
Wolfgang Amadeus Mozart, Piano Concertos Nos. 9 & 24
Ondine ODE 1414-2
1 CD • 62min • 2021
02.11.2023 • 10 10 10
Es gibt Pianisten, die spielen Mozart richtig. Es gibt Pianisten, die spielen Mozart richtig und gut. Und es gibt Lars Vogt: Der spielt Mozart so, dass man als Zuhörer glücklich wird. Im Booklet formuliert es der Tonmeister Christoph Franke so: „Ich dachte, es kann doch gar nicht sein, dass jemand so wunderbar und so Glück-verströmend spielen kann!“ Als Lars Vogt diese beiden Mozart-Klavierkonzerte aufnahm, wusste er von seiner Krebsdiagnose, kämpfte mit Chemotherapie dagegen an, starb aber im Jahr nach dieser Aufnahme. Den Reinschnitt hat er nicht mehr gehört. Freundlich lächelt er vom Cover – und selig lächelt man, wenn man die CD anhört
J.S. Bach, Sonatas for Viola da Gamba and Harpsichord
TYXart TXA23181
1 CD • 44min • 2022
01.11.2023 • 9 8 9
Als J. S. Bach sich anfangs der 1740er Jahre anschickte, seine drei Sonaten für Gambe und Cembalo zu schreiben, verwendete er, wie so oft, Material aus früher entstandenen Kompositionen, ging also ans „Eingemachte“ seines Schaffens und schuf daraus Neues. Die Gambe hatte damals ihre hohe Zeit als Soloinstrument schon hinter sich, ihre Blütezeit war eigentlich im 17. Jahrhundert gewesen; bei Bach hatte sie als Soloinstrument in der Kammermusik bisher keine Verwendung gefunden. Allerdings wusste er sehr wohl um ihr ausdrucksvolles Timbre: Man denke nur an den ergreifenden Dialog zwischen Alt und Gambe in der Arie „Es ist vollbracht“ in der Johannespassion.
Die Violinsonate op. 18 aus dem Jahr 1887 ist das letzte der frühen Kammermusikwerke von Richard Strauss (1864 -1949) und zugleich eine Komposition, in der die Einflüsse von Wagner und Brahms sich mit der schon typisch Strauss’schen Tonsprache verbinden. Der spätromantische Duktus herrscht in allen drei Sätzen vor. Die jungen, in Köln geborenen Interpreten Linda Guo (Violine) und Yuhao Guo (Klavier) widmen sich mit Akribie und Elan dem interessanten Stück und bieten eine Darstellung aus einem Guss. Etwas problematisch ist nur die unterschiedliche Tongebung der Geschwister: der gewandte Pianist greift vor allem in den Forte-Passagen allzu hart in die Tasten, so dass der zarte Ton der Geigerin ein wenig ins Hintertreffen gerät. Doch dafür entschädigt die ausdrucksvolle Gestaltung der melodisch ausgreifenden Stellen, und im Mittelsatz, der als „Improvisation“ bezeichnet ist, können die Beiden ihre Fähigkeit zu expressivem, ausbalanciertem Spiel beweisen.
Die Eröffnung des Théâtre des Bouffes-Parisiens im Jahr der Pariser Weltausstellung 1855 war ein musikhistorisch bedeutsames Ereignis. Denn es war die eigentliche Geburtsstunde der Operette. Jacques Offenbach dirigierte hier vor einem begeisterten internationalen Publikum seinen Einakter Le Violoneux, der nicht viel länger als eine halbe Stunde dauert. Im Jahr darauf setzte sich der Erfolg mit Le 66 fort. Schon in diesen frühen Beiträgen zu einer neuen Gattung hatte Offenbach seinen unverkennbaren Stil gefunden, wie jetzt eine Studio-Einspielung aus seiner Geburtsstadt Köln belegt