Daniel Schnyder
Cello Concerto • Concerto Populaire
Avie AV2804
1 CD • 73min • 2017, 2020, 2023, 2025
05.11.2025
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Der 1961 in Zürich geborene Jazz-Saxophonist, Flötist und Komponist Daniel Schnyder lebt schon lange in New York und beherrscht die Kunst des Crossover zwischen Jazz, Klassik und Weltmusik wie nur wenige Zeitgenossen. Die vorliegende CD, vor allem mit Stücken, die er für den schweizerisch-französischen Cellisten Christoph Croisé komponiert hat, wurde zwischen 2017 und 2025 an verschiedenen Orten aufgenommen: Zürich, Niederlenz (Schweiz) und Berlin.
Cellokonzert mit exotischen Rhythmen und Jazz-Sound
Schnyders Konzert für Violoncello, Schlagzeug und Streichorchester ist eine intimere Umarbeitung des Cellokonzerts von 2001/02. Die drei Sätze schließen attacca einander an und erinnern formal und von der Beziehung zwischen Cellisten und Streichorchester eher an Barockmusik als traditionelle Solokonzerte. Vor allem sind sie durch die Grundierung mit Rhythmen des Nahen Ostens und Lateinamerikas – dezent und präzise am Schlagzeug: Ruven Ruppik – von einem eigentümlichen Drive geprägt, der weniger vom Jazz abstammt als bei anderen Werken Schnyders. Auch die Melodik wirkt recht exotisch. Die ersten beiden Sätze bieten dem einfühlsamen Christoph Croisé wenig virtuose Entfaltungsmöglichkeiten, der Mittelsatz enthält dafür ausdrucksstarke Kantilenen. Das Finale ist dann technisch beeindruckend (Kadenz!) und für seine Substanz ein wenig zu lang. Die Begleitung mit ganz kleinem Streicherensemble – das von Croisé ins Leben gerufene „Beyond Modern Orchestra“ – bringt zusätzliche Farben, jedoch kaum Struktur.
Daniel Schnyder beeindruckt am Saxophon
Ganz ähnlich aufgebaut ist das insgesamt stringentere Concerto Populaire von 2023, zusätzlich mit Sopransaxophon-Solo, das Schnyder selbst spielt. Seine instrumentale Exzellenz, besonders in den komplett auskomponierten „Duo“-Kadenzen, beeindruckt mehr als die kompositorische Leistung: Sowohl klanglich als auch emotional geht dieses Doppelkonzert dennoch wirklich unter die Haut. Schnyders Versuch, die bis zu den frühen 1950er Jahren reichende Beschäftigung klassischer Komponisten (Gershwin, Milhaud, B. A. Zimmermann etc.) mit Jazz und nicht-westlichen Musiktraditionen wieder zu neuem Leben zu erwecken, geht hier voll auf. Das ist zwar fast „easy listening“, dafür mit Wärme und echter Tiefe: sehr schönes Stück.
Allerlei spannende Kammermusik
Im ruhigen Ad Aeternam gedenkt Schnyder eindringlich des 2017 verstorbenen Cellisten Daniel Pezzotti. So richtig zum Zuge kommt Christoph Croisé leider erst in der großartig engagierten, 1995 für Pezzotti geschriebenen Jazz Sonata: In nur sechs Minuten blitzt hier alles gekonnt auf, was der Hörer von einer virtuosen Cellosonate erwarten darf. Dabei ist der Pianist Alexander Panfilov ein absolut gleichwertiger Partner. Cello BLU mit Cembalo knüpft an Gospel und R&B-Traditionen an, ein zartes und erneut enorm gesangliches Stück, bei dessen Abmischung das Cembalo allerdings für den Geschmack des Rezensenten allzu sehr in den Hintergrund geriet. CUBAC, – der Titel verbindet „Cuba“ mit „Bach“ – ursprünglich für Blechbläser, erinnert in der Fassung für Cello-Oktett an Werke wie Heitor Villa-Lobos‘ „Bachanas brasileiras“. Das Swiss Cello Octet, neben Croisé u. a. mit Wenn-Sinn Yang bestens besetzt, lässt die gefällige Musik zu einem Ereignis werden. Karachi ist eine Adaption des 4. Satzes von Schnyders Nay Concerto für die Besetzung des Concerto Populaire als rasant-orientalischer Ausklang. Klanglich ist die gesamte CD etwas anders abgemischt, als man es üblicherweise von klassischer Aufnahmeästhetik gewohnt ist, jedoch mit dieser Intention für Crossover-Freunde durchaus gelungen.
Martin Blaumeiser [05.11.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
| Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
|---|---|---|
| CD/SACD 1 | ||
| Daniel Schnyder | ||
| 1 | Konzert für Violoncello, Schlagzeug und Streichorchester | 00:22:24 |
| 4 | Concerto Populaire für Saxophon, Violoncello, Schlagzeug und Streichorchester | 00:23:33 |
| 7 | Ad Aeternam | 00:05:34 |
| 8 | Jazz Sonata für Violoncello und Klavier | 00:06:20 |
| 9 | Cello BLU | 00:06:10 |
| 10 | CUBAC für 8 Violoncelli | 00:06:03 |
| 11 | Karachi für Saxophon, Violoncello, Schlagzeug und Streichorchester | 00:03:14 |
Interpreten der Einspielung
- Christoph Croisé (Violoncello)
- Daniel Schnyder (Saxophon)
- Ruven Ruppik (Schlagzeug)
- Swiss Cello Octet (Ensemble)
- Beyond Modern Orchestra (Orchester)
